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Unglück, Glück ?

Das Unglück
oder das Glück
was immer es ist
hält seine schmale
zerbrechliche Hand
im Schoß
und hält seinen Schoß
in der Hand
und hat helles Haar
und spricht
oder singt
mit weicher Stimme
für Ohren
die sonst nichts mehr
hören wollen
als es.
Erich Fried



EINSAMKEIT


Gestern Nacht wünscht ich, du wärst bei mir gewesen -
aus Einsamkeit hab ich ein Buch gelesen,
von unsres Kaspar Hausers tiefem Seelenleid -
und von der Kraft in ihm, der Seele ohne Streit.
Da sah ich was mein eig'nes Leben hemmt -
was mich vom großen wahren Leben trennt:
Die Lust der Vielen, die im Innern streiten,
ein Kampf, wahrhaftig - noch aus alten Zeiten!
Ich fragte ihn: "Wie kann ich mich befrein?"
"Lern' lieben", sprach er, "Mensch lern' zu verzeih'n!
Der Streit gleicht einem tausendköpf'gen Drachen.
Ist's Außen still, so ist's der inn're Rachen.
Zum Fressen, ja, da ist er stets bereit,
und gut frißt er - ist unter Menschen Streit.
Wer den besiegt, der kennt die Ewigkeit -
Die Andern träumen nur und nennen es die Zeit!
Und du mußt einsam sein solang' du dies nicht fasst,
und mit dem Menschen noch die inn're Gottheit hasst.
Ewig vereint nur werden jene Menschen sein:
Die wahrhaft Liebenden - die stets aufs Neu' verzeihn!"

Einsamkeit

EINSAMKEIT
Gestern Nacht wünscht ich, du wärst bei mir gewesen -
aus Einsamkeit hab ich ein Buch gelesen,
von unsres Kaspar Hausers tiefem Seelenleid -
und von der Kraft in ihm, der Seele ohne Streit.
Da sah ich was mein eig'nes Leben hemmt -
was mich vom großen wahren Leben trennt:
Die Lust der Vielen, die im Innern streiten,
ein Kampf, wahrhaftig - noch aus alten Zeiten!
Ich fragte ihn: "Wie kann ich mich befrein?"
"Lern' lieben", sprach er, "Mensch lern' zu verzeih'n!
Der Streit gleicht einem tausendköpf'gen Drachen.
Ist's Außen still, so ist's der inn're Rachen.
Zum Fressen, ja, da ist er stets bereit,
und gut frißt er - ist unter Menschen Streit.
Wer den besiegt, der kennt die Ewigkeit -
Die Andern träumen nur und nennen es die Zeit!
Und du mußt einsam sein solang' du dies nicht fasst,
und mit dem Menschen noch die inn're Gottheit hasst.
Ewig vereint nur werden jene Menschen sein:
Die wahrhaft Liebenden - die stets aufs Neu' verzeihn!"
So lange wir nicht ruhevoll-gelassen
vermögen, Glück wie Unglück zu ertragen.
So lange werden wir die Welt nicht fassen.

Wir müssen ohne Lieben, ohne Hassen
so Leid und Lust nach ihrem Sinne fragen.
Nur so wird Sinnentrug zu Schein verblassen
erst dann vermag uns Gott Sein Wort zu sagen.

Christian Morgenstern

Die freie Begegnung

Durch Wünsche, die in unklar formulierten Worten heimlich leben, nehmen sich die Menschen gegenseitig Versprechungen ab.
Durch ihre Versprechungen treiben sie sich gegenseitig in die Pflicht.
Und in der Pflicht verlieren sie das Wunder der freien Begegnung, das sie anfangs doch mit großer Dankbarkeit erfüllte.

Das Wichtigste ist, Lust und Liebe zur Sache
zu wecken, sonst erzieht man nur gelehrte Esel.
Michel de Montaigne