»Lieben bedeutet nicht, auf seine Freiheit zu verzichten,
sondern vielmehr, ihr einen Sinn zu geben.«
Marc Levy
Du Weisheit meines höhern Ich,
die über mir den Fittich spreitet
und mich vom Anfang her geleitet,
wie es am besten war für mich, –

Wenn Unmut oft mich anfocht: nun –
Es war der Unmut eines Knaben!
Des Mannes reife Blicke haben
die Kraft, voll Dank auf Dir zu ruhn.

Christan Morgenstern

Angst und Freiheit

In seiner Angst, was andere über ihn denken mögen, begibt sich der Mensch in eine erste Unfreiheit. In der Entscheidung, sich nach den Vorlieben einer Gruppe statt nach seinen Talenten zu richten, ordnet er sich einer zweiten, durch die Gruppe gegebenen, Unfreiheit unter. So opfert er die individuelle Entwicklung einer Gemeinschaft hin, die ihrerseits jedes Aufflackern individueller Freiheit unterdrückt. Die Magie dieser Verbindung besteht aus der Angst vor Verlust.
Erst eine Gruppe von Einzelnen, welche in der Menschheit den Menschen, und im Menschen die ganze Menschheit liebend verehrt, wird zu einem lebendigen Organismus, zu einer Gruppe freier Individuen. Angst und Tyrannei haben in diesem Organismus keine Stätte mehr. Die Magie seiner Verbindung besteht aus Freiheit und Liebe, und dem echten Interesse an jedem Einzelnen.
  Johann Wolfgang Busch





Was hier mit "Angst" charakterisiert ist, scheint mir ein notwendig auftauchendes Empfinden zu sein solange es mir, in dem diese Angst wirkt, noch an innerer Freiheit fehlt.

Eine Gruppe (auch ein Volk) kann niemals frei sein. Freiheit ist immer eine Frage der inneren Entwickelung eines j.e.d.e.n einzelnen Individuums. Und da sind - wohl noch auf lange Sicht - immer alle unterschiedlich und je einmalig gestrickt.

Freiheit bedeutet eben nicht nur ein "frei von" (was oft der erste Schritt ist), sondern ein seelisches, geistiges, den Kräften und Fähigkeiten nach je individuelles "frei für!", ein ganzes "Orchester" bei dem der Freie sowohl Spieler aller Instrumente, aber auch Komponist, Dirigent und Zuhörer ist.

Wer sich der Mühe und des Ringens um die eigene Freiheits-Entwickelung bewusst ist, wer die je andere innere, werdende Freiheit im anderen achtsam erkennen und wertschätzen lernt, wer frei genug ist das Ausleben der eigenen Freiheit auch mal hint an zu stellen und der des Nächsten seelischen und geistigen Raum zu gewähren, sie - zumindest temporär - aufblühen zu lassen bzw. im besten Sinne "zu erkennen", der kann wirk-lich vom selbstzentrierten ego zum schöpferisch-Nichts-fähigen ich und vom eigenen höheren ich zum höheren/göttlichen ich im du kommen.

Und erst d.a.n.n eröffnen sich erste Schritte um vom Du zum Wir zu gelangen, um neue werdene Gemeinschaften zu entwickeln - was ich als die höchste und zukünftigste Kunst überhaupt erachte...

Inwiefern kann eine Gruppe nicht frei sein?
Eine Gruppe kann (idealer Weise) aus lauter freien Individuen gebildet werden - aber die Gruppe als Gruppenganzheit ist nicht frei. Frei ist immer nur der Einzelne (insofern er frei ist).
Zur Gruppe gehören notwendig auch die Gegenseitigkeits- und Verbindlichkeits-Ebene (Gleichheits-/Rechts-Ebene) und die Brüderlichkeits- bzw. Existenz-Ermöglichungs-Ebene dazu.
So lange wir nicht ruhevoll-gelassen
vermögen, Glück wie Unglück zu ertragen.
So lange werden wir die Welt nicht fassen.

Wir müssen ohne Lieben, ohne Hassen
so Leid und Lust nach ihrem Sinne fragen.
Nur so wird Sinnentrug zu Schein verblassen
erst dann vermag uns Gott Sein Wort zu sagen.

Christian Morgenstern
Güte in Worten schafft Vertrauen.
Güte im Denken schafft Tiefe.
Güte im Geben bringt Liebe hervor.
Lao Tze
"Reifen bedeutet die andere Seite
der Dinge entdecken"
Nicolás Gómez Dávila

Der Weg

Der Weg ist wie ein leeres Gefäß,
man schöpft aus ihm,
doch er bleibt unerschöpflich.
Er ist ein Abgrund,
der Ursprung der zehntausend Dinge.
Er mildert die Schärfen,
löst die Knoten,
schwächt den blendenden Glanz,
wischt den Staub fort.
Der Weg verbirgt sich,
aber ist immer gegenwärtig.
Ich weiß nicht,
woher er kommt.
Er ist das ursprüngliche Bild
vom Ursprung des Himmels.

Laotse

Toleranz


Die Sehnsucht läßt alle Dinge blühen,
der Besitz zieht alle Dinge in den Staub.
Marcel Proust
"Wie ist jede – aber auch jede – Sprache schön,
wenn in ihr nicht nur geschwätzt, sondern gesagt wird!"
Christian Morgenstern (1871-1914)