Einsamkeit

EINSAMKEIT
Gestern Nacht wünscht ich, du wärst bei mir gewesen -
aus Einsamkeit hab ich ein Buch gelesen,
von unsres Kaspar Hausers tiefem Seelenleid -
und von der Kraft in ihm, der Seele ohne Streit.
Da sah ich was mein eig'nes Leben hemmt -
was mich vom großen wahren Leben trennt:
Die Lust der Vielen, die im Innern streiten,
ein Kampf, wahrhaftig - noch aus alten Zeiten!
Ich fragte ihn: "Wie kann ich mich befrein?"
"Lern' lieben", sprach er, "Mensch lern' zu verzeih'n!
Der Streit gleicht einem tausendköpf'gen Drachen.
Ist's Außen still, so ist's der inn're Rachen.
Zum Fressen, ja, da ist er stets bereit,
und gut frißt er - ist unter Menschen Streit.
Wer den besiegt, der kennt die Ewigkeit -
Die Andern träumen nur und nennen es die Zeit!
Und du mußt einsam sein solang' du dies nicht fasst,
und mit dem Menschen noch die inn're Gottheit hasst.
Ewig vereint nur werden jene Menschen sein:
Die wahrhaft Liebenden - die stets aufs Neu' verzeihn!"

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