Das klare Todesbewusstsein von früh an
trägt zur Lebensfreude, zur Lebensintensität bei.
Nur durch das Todesbewusstsein erfahren wir
das Leben als Wunder.
Max Frisch

1 Kommentar:

  1. Ist es so?

    aus u.a. Quelle: >> Im Gesprach mit Fritz J. Raddatz erklärt Frisch seine dichterische Intention zu dem Stück "Das Drama Triptychon. Drei szenische Bilder":

    >> Es geht in diesem Stück um das Todliche vor unserem klinischen Tod.
    Und der fangt eben schon früh an [...] Das Todliche beginnt, wenn
    jemand nicht mehr umdenken kann.<< (13)

    (....)

    Der Tod des Einzelnen wird deshalb stets als eine Privatheit betrachtet, so dass der Überlebende allein mit der Trauer und Isolation konfrontiert wird. Dass der Tod als "Mystifikation" erscheint, die ein ganz anderes Phänomen vertritt und darin besteht,
    dass der Tod "letztlich die Wahrheit über unser Leben ist: Wir leben endgultig" (GW, Bd. VII: 102),
    wird ganzlich im ersten Bild bei der Begräbnisfeier sowie auch im dritten Bild wie in der oben dargestellten Passage verschwiegen. Roger ist der einzige und derjenige, der die Wahrheit des Lebens postuliert:
    "Es gilt, was wir leben. Ich meine: die einzelnen Ereignisse unsres Lebens, jedes an seinem Platz in der Zeit, verändern sich nicht. Das ist ihre Ewigkeit" (GW, Bd. VII: 102).

    Was Roger für Gedanken über den Tod bzw. das Leben vertreten hat, beruht auf dem Aufsatz "Der Tod als Mystifikation" (20) des schwedischen Schriftstellers Lars Gustafsson, (21) den Frisch in Triptychon verarbeitet hat. Frisch hat den Aufsatz nämlich im "Styx," dem von ihm selbst gegebenen Titel des zweiten Bildes, und zwar in der Version Okt. 1977, ganz am Schluss der Mappe als "Zitate" zusammengeheftet. Da das Zitat sehr aufschlussreich für die durch die Figur Roger dargestellte Todesauffassung Frischs ist, (22) wird das von Frisch getippte Zitat von Gustafssons Aufsatz im Folgenden wiedergegeben:

    -ob wir nun an ein Leben nach diesem glauben oder nicht.
    wie jedes andere Ereignis liegt es fest in der Welt verankert,
    und einmal stattgefunden, bleibt es ewig auf seinem Platz
    in der Zeit, unveränderlich und unerschütterlich in dem
    Sinne, wie jeder Augenblick, wenn er stattgefunden hat,
    unerschütterlich und unverändert bleibt. / [...] / Mag sein,
    dass die Vorstellung eines ewigen Lebens unhaltbar ist.
    Aber sie ist ein ausgezeichnetes Bild von etwas Verwirrendem
    und Handgeiflichem, das sich vollauf erleben lässt: die
    einzelnen Ereignisse, jedes an seiner Stelle in der Zeit,
    verändern sich nicht. / Als physiologisches Faktum ist der
    Tod etwas Triviales, eine Auswirkung derselben Begrenzung
    durch Raum und Zeit, die für alle bekannten Erscheinungen
    in der physikalischen Welt gilt. Als metaphysisches Faktum
    ist der Tod entscheidend, nicht dessentwegen, was er über eine
    Welt jenseits unsrer selbst aussagt, sondern dessentwegen, was
    er über unsere eigenen Leben aussagt: dass sie von vornherein
    als verloren empfunden werden, als durchdrungen von Bitterkeit,
    bis zum Rande gefullt mit dem Gefühl unrettbar verlorener
    Möglichkeit. / Das Mystifikatorische am Tod besteht darin,
    dass er letztlich eine Wahrheit über das Leben ist.

    http://www.thefreelibrary.com/Lebens-+und+Todesauffassung+bei+Max+Frisch%3A+Triptychon.+Drei...-a0180030015


    Durch die phänomenologisch-künstlerische Biografie-Arbeit kann schöpferisch verwandelnd mit den je einmaligen Erlebnissen umgegangen werden. Zum einen entdeckt man in ihnen noch mehr vom Wunder des Lebens, zum anderen muss die Erinnerung an ein Erlebnis nicht im obigen Sinne als unabänderliches Todesdenkmal festbetoniert bleiben. Im künstlerischen Erleben kann das Wunder des Erlebens auferstehen und zu etwas Neuem zukunftsoffenem werden.

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