"Ich
bin über mich erstaunt, enttäuscht, erfreut. Ich bin betrübt,
niedergeschlagen, enthusiastisch. Ich bin das alles auch und kann die
Summe nicht ziehen. Ich bin außerstande, einen definitiven Wert oder
Unwert festzustellen, ich habe kein Urteil über mich und mein Leben. In
nichts bin ich ganz sicher. Ich habe keine definitive Überzeugung -
eigentlich von nichts. Ich weiß nur, dass ich geboren wurde und
existiere, und es ist mir, als ob ich getragen würde. Ich existiere auf
der Grundlage von etwas, das ich nicht kenne.
Die Welt, in die wir
hineingeboren werden, ist roh und grausam und zugleich von göttlicher
Schönheit. Es ist Temperamentssache zu glauben, was überwiegt: die
Sinnlosigkeit oder der Sinn. (...) Wahrscheinlich ist, wie bei allen
metaphysischen Fragen, beides wahr: das Leben ist Sinn und Unsinn, oder
es hat Sinn und Unsinn. Ich habe die ängstliche Hoffnung, der Sinn werde
überwiegen und die Schlacht gewinnen.
Wenn Lao Tse sagt: 'Alle sind
klar, nur ich allein bin trübe', so ist es das, was ich in meinem hohen
Alter fühle. (...) Und doch gibt es so viel, was mich erfüllt: die
Pflanzen, die Tiere, die Wolken, Tag und Nacht und das Ewige in den
Menschen. Je unsicherer ich über mich selber wurde, desto mehr wuchs ein
Gefühl der Verwandtschaft mit allen Dingen. Ja, es kommt mir vor, als
ob jene Fremdheit, die mich von der Welt so lange getrennt hatte, in
meine Innenwelt übergesiedelt wäre und mir eine unerwartete
Unbekanntheit mit mir selbst offenbart hätte." G. Jung
(Erinnerungen, Träume,
Gedanken, S. 360f.)
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