Mut kennt die Wahrheit. Tollkühnheit nimmt sie nicht ernst.
Von der Demut vor dem Charisma
(Autorin: Gitta Peyn)
Wir alle werden mit besonderen Gaben, herausragenden Fähigkeiten
geboren. Gaben und Fähigkeiten, die so und in dieser Kombination einzig
uns eigen sind, niemand anderem.
(Autorin: Gitta Peyn)
Wir alle werden mit besonderen Gaben, herausragenden Fähigkeiten
geboren. Gaben und Fähigkeiten, die so und in dieser Kombination einzig
uns eigen sind, niemand anderem.
Wir erwerben sie uns nicht,
wir müssen nichts dafür leisten, dass wir sie haben, es liegt keine
Anstrengung in ihnen, keine Qual hat uns zu ihnen geführt, sie sind
voller Gnade. Sie schenken uns Freude, einen Platz in dieser Welt, wenn
wir den Mut haben, ihn für uns zu fordern. Sie machen uns ruhig und
vertraut mit uns selbst, sie erfüllen uns, und wenn wir sie erkannt
haben und wertzuschätzen gelernt, dann machen sie uns auch zu einem
Menschen, der Auge, Gnade, Gemüt und Sinn auf seinen Nächsten
auszurichten vermag.
Und weil das so ist, weil wir sehen
können, dass sie einfach mitgegeben wurden, können wir erkennen, dass
sie in allerhöchstem Maße transzendent sind, dass sie nicht von dieser
Welt sind, dass sie uns von Gott mitgegeben wurden. Sie sind ein
Geschenk unserer göttlichen Seele an unser Leben und an unsere Welt. Sie
gehören uns nicht, und doch machen sie den Kern unseres Seins aus,
unseres Wesens, und alles Unglück rührt nur daher, dass wir diesen Kern
nicht sehen können, weil diese Welt aufs Besitzen ausgerichtet ist.
Man hat sich selbst, man hat Dinge, man hat sogar einen Lebenspartner
und Kinder. Doch nichts auf dieser Welt ist von Dauer, außer unserem
Charisma, denn es ist das einzige, was nicht von dieser Welt gekommen
ist. Das Charisma ist die Struktur unseres Seins, es ist das Nest, in
dem sich unsere Seele ausrichtet. Es kommt von woanders her, und deshalb
bleibt es.
Zu erkennen, dass Charisma nicht von dieser Welt
ist, dass es von Gott gegeben wurde, zu erkennen, dass es uns nicht
gehört: Ist das nicht ein erstaunlicher Gedanke? Und passt er nicht zu
vielen anderen, die uns kommen, wenn wir versuchen, uns ein Stückchen
Wahrheit einzufangen?
So, wie dieser hier, dass es der
Erleuchtung keineswegs egal ist, wie sie erlangt wird, denn sie kann auf
Unrecht nur entstehen, wenn es getilgt wird, doch wenn sie erlangt
wurde, ist es ihr egal, dass sie erlangt wurde, und das ist essenziell
und direkt verbunden mit dem Gedanken, dass uns Charisma nicht gehört.
Unser Wesenskern und unsere erleuchtenden Erkenntnisse gehören zusammen.
Die Erleuchtung ist nichts anderes, als zu erkennen, was der Fall ist
und was es braucht, um zu sehen, was der Fall ist, und das ist
Mitgefühl, Empathie. Und Mitgefühl und Empathie sind nur erreichbar,
wenn wir Respekt hegen können vor uns selbst, doch was ist Respekt? Ist
nicht Respekt zunächst und vor allem erst einmal das Gefühl vor etwas,
was selten und würdevoll ist? Muss nicht Respekt stets verbunden sein
mit Demut, sonst verheiratet er sich mit Neid?
Und wenn wir ihn
erlangt haben, diesen Respekt vor uns selbst und diese Demut vor
unserem Charisma, dann haben wir erkannt, dass wir, unser gesamtes
einzigartiges Ich voller Wert sind und dass dies für jeden einzelnen
Menschen gilt und dass jeder einzelne Mensch in seinem Wesenskern von
göttlicher Natur ist, göttlichen Ursprungs, in die Welt hineingeschenkt,
nicht von dieser Welt.
„Namasté“ sagen die Inder: „Ich grüße den Gott in dir!“ sagen sie.
Wir haben ein Recht darauf, stolz zu sein auf die Einzigartigkeit
unseres Seins und darauf, was wir mit unserem Charisma in dieser Welt
tun. Wir erkennen, dass wir unser Charisma tun, dass es uns leicht
fällt, und weil es uns leicht fällt, kann der Stolz auf uns selbst kein
Besitzstolz sein, sondern es muss ein Stolz sein darauf, in einer
lebendigen göttlichen Seele zu ruhen, die sich in Freude und Mitgefühl
und Liebe in dieser Welt erfüllt, weshalb es ein fließender Stolz ist,
kein seiender.
Aller Schmerz in dieser Welt kommt vom Besitzen
her. Und das gilt auch für das Charisma. Wenn wir versuchen, jemand zu
sein, werden wir zwangsläufig immer jemand anders. Nur dann, wenn wir
erkennen, dass das, was uns vollkommen und einzigartig macht, von Gott
gekommen ist und von Gott lebendig gemacht wird, kann es uns mit jener
trunkenen Freude und jener trunkenen Liebe zu allem Lebendigen erfüllen,
dass wir frei von Schuld demütig sein können, denn wir schulden Gott
nichts, Gott verschenkt sich ohne zu verlangen.
Und so tun auch
wir es! Dieses großartige Geschenk in uns auszubauen und in die Welt zu
tragen, ist unsere Unterstützung der Arbeit Gottes, dass wir seine
Gaben mit noch mehr Leben füllen, und so erkennen wir die größte aller
Gaben, die uns mitgegeben wurden: Dass wir Anteil haben an der Schöpfung
selbst, denn wir spüren, wenn wir so tun, dass WIR es sind, dass WIR es
leben, dass WIR genau da mitten drin sind, und das bedeutet, wir sind
in Gott.
Es spielt keine Rolle, ob du an Gott glaubst oder
nicht, um diesen Gedanken zu folgen. Es ist bedeutungslos, welcher
Religion du zugehörig bist, ob du ein spiritueller Freigeist sein
möchtest oder den atheistischen Gedanken liebst, denn wenn du mir bis
hierhin gefolgt bist, hast du gesehen, dass es etwas in dir gibt, das
nicht von hier stammt, dass ein großartiges Spiel mit Myriaden von
Möglichkeiten etwas geschaffen hat, das leicht und einzigartig ist und
das dir einen Platz gezeigt hat für und in dieser Welt.
Es ist
große Schönheit in diesem Gedanken, denn er macht uns frei, und was uns
frei macht, ist immer wahr. Er zeigt uns, dass wir keinen Besitz
brauchen, denn das Wertvollste, was unser Eigen ist, ist nicht von
besitzender Natur, sondern von geschenkter. Eine große Gnade wurde jedem
Einzelnen von uns zuteil, und ich bin davon überzeugt, dass die
Einsicht in diese Gnade die Welt heilen kann, denn die Welt ist krank,
weil wir besitzen wollen, und der Gedanke an Besitz ist nicht vereinbar
mit dem Gedanken an Charisma, er ist bestenfalls ebenfalls als Geschenk
vereinbar, und dann erkennen wir, dass er sich einfügen muss in unser
Charisma, sonst ist er nicht von Wert.
Mit etwas Mut können wir
den Blick abwenden vom Besitz hin auf das Charisma und woher es kommt,
und dann erkennen wir die Gnade, und wenn wir die Gnade erkannt haben,
werden wir umgehend glücklich und wenn wir glücklich geworden sind,
erfüllt uns das Mitgefühl gleich einem strömenden Fluss der Liebe, denn
daraus wird es geboren, aus der Liebe, die uns eigen ist, die die größte
Kraft in unserem Charisma ist und die selbst göttlicher Natur ist, denn
so wurde auch sie uns mitgegeben und gehört uns nicht und darf deshalb
frei fließen.
Amen.
Und du wartest, erwartest das Eine,
das dein Leben unendlich vermehrt;
das Mächtige, Ungemeine,
das Erwachen der Steine,
Tiefen, dir zugekehrt.
Es dämmern im Bücherständer
die Bände in Gold und Braun;
und du denkst an durchfahrene Länder,
an Bilder, an die Gewänder
wiederverlorener Fraun.
Und da weißt du auf einmal: das war es.
Du erhebst dich, und vor dir steht
eines vergangenen Jahres
Angst und Gestalt und Gebet.
R.M. Rilke
das dein Leben unendlich vermehrt;
das Mächtige, Ungemeine,
das Erwachen der Steine,
Tiefen, dir zugekehrt.
Es dämmern im Bücherständer
die Bände in Gold und Braun;
und du denkst an durchfahrene Länder,
an Bilder, an die Gewänder
wiederverlorener Fraun.
Und da weißt du auf einmal: das war es.
Du erhebst dich, und vor dir steht
eines vergangenen Jahres
Angst und Gestalt und Gebet.
R.M. Rilke
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